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Viel Bürokratie – wenig Nutzen

Munich Re kehrt ESG-Initiativen den Rücken – Rückzug aus vier Klimabündnissen

Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hat sich aus vier internationalen Klimainitiativen zurückgezogen. Begründet wird der Schritt mit wachsender Rechtsunsicherheit, wachsender Bürokratie – und geopolitischem Gegenwind aus den USA.

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Die Munich Re geht zu mehreren ESG-Allianzen auf Distanz.

Foto: Christof Stache/Getty Images

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Lesedauer: 6 Min.

Gleich vier globale Klimabündnisse müssen künftig auf die Munich Re als Mitglied verzichten. Wie am Donnerstag, 12. Juni, bekannt wurde, hat der weltgrößte Rückversicherer sich aus mehreren Initiativen zurückgezogen. Zu diesen gehören die Net-Zero Asset Owners Alliance (NZAOA), die Climate Action 100+ (CA100+), die Net-Zero Asset Managers Initiative (NZAM) und die Institutional Investors Group on Climate Change (IIGCC).
Die Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) hatte die Munich Re bereits im Mai 2023 verlassen. Auch die Swiss Re hatte sich aus dieser Vereinigung in jener Zeit zurückgezogen.

Munich Re: ESG bringt mehr Berichtspflichten als Ergebnisse

Bei all diesen Bündnissen handelt es sich um weltweit organisierte Initiativen, die sich der Durchsetzung sogenannter ESG-Ziele verschrieben hatten. Die Abkürzung steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Wo sich Finanzdienstleister diesen verpflichten, relativieren sie damit ihr Bekenntnis zur maximalen Rendite für Anleger.
Die Munich Re verweist auf Unsicherheiten hinsichtlich „gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben“ in verschiedenen Ländern. Bereits zuvor hatte CEO Joachim Wenning die Vielzahl an Berichtspflichten über CO₂-Bilanzen kritisiert – der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum messbaren Klimaschutzeffekt.
Die Bemühungen von Regierungen und Regulatoren in Sachen ESG hätten nur „begrenzte Wirkung“ gezeigt, äußerte er jüngst im „Handelsblatt“. Mit der zusätzlichen Bürokratie seien nicht weniger Emissionen einhergegangen. Wirksamer wäre ein noch schneller und noch stärker steigender CO₂-Preis, allerdings sei dieser politisch schwer durchzusetzen.

Schmälerung der Rendite aus ideologischen Gründen kann rechtswidrig sein

Ein weiterer Aspekt der Entscheidung dürfte jedoch auch sein, dass die USA unter Führung von Donald Trump dem Druck der ESG-Lobbys auf private Unternehmen proaktiv gegensteuern. Es drohen gesetzgeberische und kartellrechtliche Konsequenzen. Bereits während der Ära Joe Biden hatten republikanisch regierte Bundesstaaten teilweise ihre Generalstaatsanwälte gegen deren Vorgaben mobilisiert.
In mehreren Bundesstaaten ist es staatlichen Pensionsfonds untersagt, ESG-Kriterien zu implementieren. Finanzdienstleister müssen – sofern sie sich zu Zielen dieser Art verpflichten – Ermittlungen wegen des Verdachts der Schädigung von Kunden befürchten. Auch Versicherer geraten potenziell ins Visier der US-Justiz, da die Verfolgung ideologischer Ziele, die potenziell Gewinne schmälern, als Kompetenzüberschreitung gilt.
Juristen hatten erklärt, dass beispielsweise Netto-Null-Ziele nicht nur die Rendite von Pensionsfonds schmälern können, sondern auch Versicherungsprämien, Energiepreise und Verbraucherpreise in die Höhe treiben. Darüber hinaus witterten republikanische Gouverneure und Generalstaatsanwälte hinter den ESG-Selbstverpflichtungen auch Türöffner für illegale Absprachen oder Schädigungen von Geschäftsinteressen. Vor allem aber können ESG-Ziele als Marktmanipulation, illegale Absprachen oder Pflichtverletzungen ausgelegt werden – insbesondere in den USA.

Boykotte und Druck auf ganze Branchen unter dem Banner von Netto-Null

Gerade Zusammenschlüsse wie Climate Action 100+, die NZAM oder die Net-Zero Banking iniAlliance fordern von ihren Mitgliedern nicht nur eine Verpflichtung auf gemeinsame politische Ziele. Sie verlangen außerdem vollständige Transparenz über deren Umsetzung. CA100+ schrieb in ihrem „Phase 2“-Plan vom Juni 2023 Mitgliedsunternehmen sogar die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse ihrer Aktionäre vor.
Dies solle einen weiteren Schritt zur Dokumentation der Umsetzung der selbst gesetzten Klimaschutzziele darstellen. Dazu kamen Entscheidungen wie jene der Barclays Bank, keine direkten Finanzierungen mehr für neue Öl- und Gasprojekte vorzunehmen. Zudem wollte man die Kreditvergabe an Energieunternehmen einschränken, die die Förderung fossiler Brennstoffe ausweiten.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat Donald Trump auch auf Bundesebene Maßnahmen in die Wege geleitet, um Benachteiligungen heimischer Energieerzeuger unter dem Banner von Net-Zero entgegenzuwirken. Damit ist der Spielraum zur Verpflichtung von Unternehmen zur Einhaltung von ESG-Zielen noch geringer geworden.

Wendepunkt für die Klima-Zusammenschlüsse im Jahr 2023

Im Februar 2024 stiegen auch große Investmentgesellschaften wie BlackRock oder JPMorgan Chase aus Pakten wie der Climate Action 100+ aus. Damit verlor der Investmentverbund, der zu seinen besten Zeiten 700 Investoren unter seinem Dach vereinte, mit einem Mal 16 Billionen US-Dollar. Bereits zuvor waren der Vermögensverwalter Vanguard sowie Axa, Allianz, Zürich und Hannover Rück aus der NZAM ausgestiegen.
Die Klimainitiativen hatten gerade auf die großen Investmentgesellschaften Hoffnungen gesetzt, diese würden ihre Marktmacht nutzen, um Unternehmen zur Umsetzung von ESG-Zielen zu veranlassen. BlackRock-CEO Larry Fink war jedoch dazu im Sommer 2023 auf Distanz gegangen. Er hatte mehrfach betont, Investment in Anlagen dieser Art müsse freiwillig bleiben.
An den selbst gesetzten Nachhaltigkeitszielen wolle die Munich Re aber festhalten. In diesem soll die Gesamtsumme der Investitionen in erneuerbare Energien 3 Milliarden Euro übersteigen. Außerdem will man Emissionen aus Kohle-, Öl- und Gasinvestments reduzieren und den CO₂-Ausstoß börsennotierter Anlagen um 25 bis 29 % senken.

Finanzdienstleister ohne größeren USA-Bezug wollen in ESG-Bündnissen bleiben

Andere deutsche Mitglieder der NZAOA wollen ihre Mitgliedschaft aufrechterhalten. Gegenüber dem „Handelsblatt“ nannte ein Sprecher der SV Sparkassenversicherung diese eine „wichtige Initiative“. Auch Unternehmen wie Barmenia-Gothaer, VKB, R+V oder HUK Coburg erklärten, einen Austritt nicht ins Auge zu fassen.
Die LVM wolle jedoch nach der Entscheidung der Munich Re die Entwicklung „beobachten“. Es fällt auf, dass vor allem Finanzdienstleister, die hauptsächlich einen deutschen oder europäischen Markt bedienen, zum Verbleib tendieren. Dort ist auch das Risiko gering, sich vor US-amerikanischen Gerichten oder Kartellbehörden rechtfertigen zu müssen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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