Der Iran droht mit der Blockade der Straße von Hormus. In den USA werden Stimmen laut, Israel gegen den Iran militärisch zu unterstützen. Weitet sich der neue Nahost-Krieg aus, hat dies Folgen für die gesamte Weltwirtschaft. Eine Analyse.
0
Link kopiert
Link kopieren
„Wir bleiben einer diplomatischen Lösung der Iran-Atomfrage verpflichtet“, erklärte US-Präsident Donald Trump.
In der vergangenen Nacht setzten Israel und der Iran erwartungsgemäß ihre gegenseitigen Angriffe fort. Iranische Raketen trafen erneut Ziele in Israel und töteten nach Medienangaben mindestens zehn Menschen, 200 Menschen sollen verwundet sein. Die israelische Luftwaffe nahm Ziele in Teheran ins Visier. Der iranische Staatssender IRNN meldete Angriffe auf „Wohnkomplexe“ im Norden, Osten und Süden der iranischen Hauptstadt.
Unter Bezugnahme auf IRNN berichten zahlreiche arabische Medien darüber, dass die iranische Führung derzeit prüfe, die Straße von Hormus zu blockieren, um Druck auf die politisch mit Israel verbündeten Nationen auszuüben. Dies habe der iranische General und Parlamentsabgeordnete Esmail Kosari angekündigt. Die Meerenge zwischen dem Oman und Iran gilt als weltweit wichtigste Wasserstraße für die Ölschifffahrt.
„Wir bleiben einer diplomatischen Lösung der Iran-Atomfrage verpflichtet“, erklärte der amerikanische Präsident Donald Trump noch am 12. Juni. Wenige Stunden später griff Israel den Iran an. Amerikanische Streitkräfte unterstützen inzwischen die israelische Luftabwehr gegen den Raketenbeschuss aus dem Iran, aber mit begrenzter Wirkung. Trump will offenbar nicht tiefer in diese Auseinandersetzung hineingezogen werden.
Am 14. Juni habe er eine Stunde lang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unter anderem über die zunehmend instabile Lage im Nahen Osten gesprochen, erklärte Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social. Konkrete Absichten, sich in den Konflikt einzubringen, können den Äußerungen Trumps jedoch nicht entnommen werden.
Inzwischen werden Forderungen aus den Reihen seiner Partei laut, Israel stärker beizustehen. Am 13. Juni wurde der republikanische Senator Lindsey Graham vom englischen Magazin „The Economist“ mit den Worten zitiert, wenn die Diplomatie scheitern sollte, sei er „fest davon überzeugt“, dass es im nationalen Sicherheitsinteresse Amerikas liege, „to go all-in to help Israel finish the job – alles zu tun, um Israel bei der Erfüllung seiner Aufgabe zu helfen“.
In welcher Form Trump handeln wird, hängt in erster Linie davon ab, wie weit Teheran bereit sein könnte, die Situation in der Region zu eskalieren.
Die Straße von Hormus ist eine strategisch wichtige Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman.
Foto: iStock/Epoch Times
Unabhängig davon, ob der Iran militärisch wirklich dazu in der Lage wäre, die wichtige Wasserstraße für den Ölhandel zu blockieren, hat bereits die Ankündigung aus Teheran dazu geführt, dass die Ölpreise in die Höhe schnellen und die Börsen einbrechen. Welche strategische Bedeutung hat die Straße von Hormus?
Sie bildet den einzigen Meereszugang vom Indischen Ozean zum Persischen Golf. Auf ihrer westlichen Seite liegen der Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate, auf der östlichen Seite der Iran. Durch dieses an seiner engsten Stelle nur 33 Kilometer breite maritime Nadelöhr wird auch der Tankerverkehr der weiteren arabischen Ölstaaten am Persischen Golf, Katar, Bahrain, Kuwait, Saudi-Arabien und Irak abgewickelt.
Aufgrund dieses Engpasses ist dieser Wasserweg anfällig für Angriffe und die schweren Öltanker sind ein leichtes Ziel. Während des Krieges zwischen dem Iran und Irak in den Jahren 1980 und 1988 griffen beide Länder tatsächlich Handelsschiffe und Öltanker im Golf an, aber zu einer vollkommenen Blockade von Hormus kam es damals nicht.
Deutschland scheint nicht gefährdet
Selbst Länder, die kein Erdöl aus den Golfstaaten importieren, wären von einer Blockade der Meerenge betroffen, da ein starker Angebotsrückgang den gesamten Ölpreis pro Barrel auf dem Weltmarkt in die Höhe treibt. Der derzeitige Preisanstieg ist rein spekulativ. Es ist bisher zu keiner Ölverknappung gekommen. Allein die Befürchtung, dass der Iran eine Blockade herbeiführen könnte, lässt die Preise in die Höhe schnellen.
Deutschland etwa bezieht Erdöl derzeit hauptsächlich aus den USA, gefolgt von Norwegen und Kasachstan. Der Import aus Russland, der noch im Jahr 2021 bei 35 Prozent lag, ist aufgrund des Ukraine-Krieges seitens Deutschlands eingestellt worden. Zwar liefern auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien Öl nach Deutschland, doch scheint die Abhängigkeit von diesen Golfstaaten in den vergangenen zehn Jahren deutlich abgenommen zu haben. Da es jedoch keine aktuelle öffentliche Statistik gibt, die genaue Informationen liefert, kann über die tatsächliche Menge an Golf-Öl keine Aussage getroffen werden.
China könnte Iran unter Druck setzen
Allerdings halten Marktbeobachter eine Sperrung der Wasserstraße für unwahrscheinlich und im praktischen Sinne sogar für unmöglich. Solange die iranische Ölinfrastruktur nicht angegriffen werde, hätte auch der Iran keinen Vorteil davon, den Seeweg zu blockieren, schätzte etwa Ellen Wald, Präsidentin von Transversal Consulting, einem US-Thinktank für Geo- und Energiepolitik, gegenüber dem amerikanischen Nachrichtensender CNBC die Lage ein.
Außerdem würde ein durch die Blockade verursachter Anstieg der Ölpreise eine Gegenreaktion Pekings nach sich ziehen. China ist Irans größter Ölkunde und werde sein ganzes Gewicht gegen den Iran einsetzen, um die Öllieferungen sicherzustellen und den Preis niedrig zu halten, ist Wald überzeugt.
Die „Freunde des Irans“ würden von solch einem Schritt „mehr leiden als die Feinde“, glaubt auch der renommierte Energieexperte Anas F. Alhajji. „Daher ist es sehr schwer, sich das vorzustellen.“
Alhajji, einer der führenden Weltmarktexperten, geht sogar noch weiter und macht darauf aufmerksam, dass die Straße von Hormus zum größten Teil in den Hoheitsgewässern des Oman verläuft. Dieser Teil sei breit genug, dass der Iran die Wasserroute nicht allein schließen könne. Tatsache ist, dass der Schifffahrtsverkehr in einem Konfliktfall auch eine alternative Route durch die Hoheitsgewässer der Vereinigten Arabischen Emirate und des Oman wählen könnte.
Zudem operiert die Fünfte US-Flotte in Bahrain. Sollte der Iran Tanker angreifen oder Seeminen verlegen, geriete das Mullah-Regime in direkte militärische Konfrontation mit den USA. Genau dies aber hat Teheran in den vergangenen 46 Jahren stets vermieden, wohl in der Annahme, dass ein solcher Eskalationsschritt zum Ende der „Islamischen Revolution“ im Iran führen könnte.
Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C. und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times. Ferner war er von 1995 bis August 2023 Reserveoffizier im Dienstgrad Oberstleutnant und nahm an Auslandseinsätzen teil, unter anderem zehn Monate im Irak.