Am 28. Juni in Budapest
Trotz Verbot: Tausende bei Pride-Parade in Budapest
Im März wurde im ungarischen Parlament ein Gesetz verabschiedet, welches Verbote von Pride-Paraden ermöglichst. Dennoch versammelten sich tausende Menschen in Budapest – unter Androhung von Geldstrafen.

Trotz eines Verbots der Orban-Regierung versammeln sich tausende Menschen zur Budapester Pride.
Foto: Rudolf Karancsi/AP/dpa
Bereits im Februar deutete Orban ein Verbot der Pride-Parade an. „Die Organisatoren der Pride sollten sich nicht um die Vorbereitung des diesjährigen Umzugs bemühen. Es wäre verschwendete Zeit und Geld“, so der Regierungschef in einer Ansprache an die Nation.
Im März verabschiedete das Parlament das Gesetz. Verstöße sollen demnach mit bis zu 500 Euro Bußgeld für Teilnehmer als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor die Behörden in Ungarn aufgefordert, die Pride-Parade trotz des Verbotes stattfinden zu lassen.
Regierung: Demonstration „auf Befehl Brüssels“
Nach Angaben der Organisatoren trotzten bis zu 200.000 Menschen am Samstag dem polizeilichen Verbot und marschierten mit Regenbogen- und EU-Flaggen durch Budapest. Der Deak-Platz im Zentrum war mit Menschen gefüllt, berichtete das Nachrichtenportal „telex.hu“, viele schwenkten Regenbogenfahnen. Die Regierung sprach von einer Demonstration „auf Befehl Brüssels“.
Auch dutzende EU-Parlamentarier marschierten bei der Parade mit. 33 Länder, darunter fast alle EU-Mitgliedstaaten, hatten sich zuvor in einer Erklärung solidarisch mit dem Marsch erklärt. Der deutsche Europa-Abgeordnete Moritz Körner (FDP) sprach von einem „deutlichen Zeichen für Freiheit, Toleranz, und letztendlich auch gegen Orban“. „Die Straßen hier in Budapest waren enorm voll“, sagte Körner AFP. „Ich war überwältigt, wie viele Leute da waren. Es war ein fröhliches, stolzes, tolerantes Fest.“
Während die Polizei zuvor unter Weisung der Regierung Orban die Versammlung untersagte, hatte der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karacsony die diesjährige Pride-Parade zu einer Veranstaltung der Stadt Budapest erklärt. Eine solche unterliege nicht dem Versammlungsgesetz. Daher könne diese auch nicht auf Grundlage des Gesetzes verboten werden, so der Standpunkt der Budapester Stadtverwaltung und Parade-Organisatoren.
Konsequenzen erwartet
Es wird davon ausgegangen, dass die Polizei möglichst viele Teilnehmer der aus ihrer Sicht illegalen Kundgebung anzeigen wird. Dabei könnte auch Software zur Gesichtserkennung zum Einsatz gelangen. Den Angezeigten drohen hohe Geldstrafen.
Angekündigt haben sich auch rund 70 Europaabgeordnete, zahlreiche Diplomaten sowie die EU-Kommissarin für Gleichberechtigung, Hadja Lahbib.
Kinderschutz als Verbotsbegründung
Das neue Gesetz, welches dem Verbot der heutigen Veranstaltung zugrunde liegt, wird mit Kinderschutz begründet. Formell stellt die Neuregelung aus März eine Ergänzung des Versammlungsgesetzes dar, wonach Versammlungen verboten werden können, wenn sie den Kinderschutz verletzen.
Veranstaltungen wie die Pride-Parade werden dabei nicht explizit genannt, werden aber damit gemeint, wie aus den Debatten im Parlament hervorging.
Bereits seit 2021 verbietet in Ungarn eine als Kinderschutzgesetz bezeichnete Regelung Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Informationen über nicht heterosexuelle Lebensformen. Entsprechende Bücher, Filme und andere Medien dürfen demnach nicht für Minderjährige zugänglich sein.
Orbans Regierung plant zudem eine Verfassungsänderung, nach der ein Mensch ausschließlich als Mann oder Frau definiert wird. Non-binäre Menschen sollen demnach nicht als solche anerkannt werden. Seit Dezember 2020 besagt Ungarns Verfassung zudem, dass eine Mutter nur eine Frau und ein Vater nur ein Mann sein könne.
Paraden in München, Paris und anderswo
Auch anderen europäischen Städten fanden am Samstag Pride-Parades statt. In München sprach die Polizei von rund 20.000 Teilnehmern und rund 230.000 Zuschauern. In der französischen Hauptstadt Paris gingen tausende Menschen für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft auf die Straße.
Das Münchner Pride-Wochenende stand unter dem bewusst kämpferischen Motto „Liberté, Diversité, Queerité“. Der CSD geht zurück auf die Erstürmung der Schwulenbar Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street am 28. Juni 1969 durch die Polizei. Darauf folgten tagelange schwere Zusammenstöße zwischen Aktivisten und Sicherheitskräften.
Auch in vielen anderen deutschen Städten fanden und finden in diesen Wochen CSD-Demonstrationen statt, beispielsweise am 26. Juli in Berlin. Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung dürfen nicht als eigene Gruppe am Berliner CSD teilnehmen.
Die Route der für den 5. Juli geplanten CSD-Demonstration im bayerischen Regensburg wird wegen einer „abstrakten Gefährdungslage“ verkürzt.
Mit Material der Nachrichtenagenturen.
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