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Migration

Bundestag berät Stopp von Familiennachzug – Kinderschutzorganisation gegen Aussetzung

Der aktuell auf 1.000 Angehörige pro Monat beschränkte Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus soll für zwei Jahre ausgesetzt werden. Grüne und Linke sprechen sich gegen die Aussetzung aus.

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Foto: Sebastian Gollnow/dpa

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Lesedauer: 6 Min.

Der Bundestag hat am Freitag erstmals über die zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge ohne Asylstatus beraten. Dies ist eine von mehreren Maßnahmen von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), um die Migrationszahlen in Deutschland zu senken.
Es gebe „nicht einen einzigen Schalter, den man umlegen kann und dann ist das Problem der illegalen Migration gelöst“, sagte der CSU-Politiker. Notwendig dafür sei vielmehr eine Vielzahl von Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, die von der Bundesregierung nun Schritt für Schritt umgesetzt würden.

Worum geht es genau?

Es geht um eine Regelung, wonach enge Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten nach Deutschland nachziehen können. Nach der Flüchtlingskrise war diese Möglichkeit 2016 schon einmal für gut zwei Jahre vorübergehend eingestellt – und 2018 mit einem Kontingent von 1000 Zuzügen pro Monat wieder eingeführt worden.
Die Vergabe erfolgt über das Visumverfahren, die Anträge müssen also in den Botschaften oder Generalkonsulaten im Ausland gestellt werden. Diese und die in Deutschland zuständige Ausländerbehörde prüfen dann, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.

Was plant Dobrindt?

Vergangene Woche brachte das Kabinett die zweijährige Aussetzung auf den Weg, am Freitag debattierte der Bundestag die Vorlage erstmals. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag bereits darauf geeinigt. Dobrindt betonte, dass diese Maßnahme eine von vielen sei, um eine Wende in der Migrationspolitik zu erreichen.
Ausnahmen für Härtefälle soll es fortan weiterhin geben. Dobrindt nannte nach dem Kabinettsbeschluss vergangene Woche etwa Situationen, in denen Familienangehörige „dringende medizinische Versorgung brauchen, die ihnen in ihrem Heimatland nicht gewährt werden kann“. Der Minister zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz noch in diesem Sommer von Bundestag und Bundesrat beschlossen wird.
Gegner des Familiennachzugs weisen aber darauf hin, dass die Integrationskapazitäten vor Ort oft längst ausgeschöpft sind und nicht zusätzlich zu den bereits nach Deutschland gekommenen Geflüchteten auch noch deren Angehörige verkraften können. Zudem halten Kritiker das Instrument für einen sogenannten Pullfaktor, der weitere Anreize zur Migration nach Deutschland aus Bürgerkriegsländern schafft.

Grüne und Linke sind anderer Ansicht, AfD: Aussetzung sei „wirkungslos”

Es handele sich beim Familiennachzug nicht um irreguläre Migration, sondern um ein geordnetes Verfahren, bei dem klar sei, wer ins Land komme. Wer legale Wege blockiere, befördere das Geschäft der Schleuser, sagte die Grünen-Abgeordnete Schahina Gambir.
Die Linken-Politikerin Clara Bünger nannte den Entwurf von Union und SPD „familienfeindlich“. Er treibe Menschen in die Illegalität, statt legale Wege zu schaffen.
Die AfD meldete Zweifel an der Wirksamkeit der Regierungspläne an. Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann sprach von „Nachzugswahnsinn“, den die Union aus Merkels Kanzlerschaft selbst zu verantworten habe.
Die Aussetzung sei faktisch „wirkungslos“, da sie zeitlich begrenzt ist und nur eine kleine Gruppe umfasse. „Die Grenzen sind weiter offen wie Scheunentore“, sagte Baumann. Nach der Beratung in erster Lesung wurde das Gesetz in die Ausschüsse verwiesen.

Kinderschutzverein gegen Aussetzung

„Jedes Kind hat das Recht, mit seinen Eltern aufzuwachsen“, sagte der Vorsitzende Florian Westphal am Samstag dem Deutschlandfunk. Die Regierungspläne stünden dem entgegen.
„Es geht hier um das Schicksal von Familien, von Kindern, die durch Flucht und Vertreibung auseinandergerissen wurden“, sagte Westphal.
„Familiennachzug war einer der wenigen planbaren und auch legalen Wege für Kinder, damit sie gemeinsam mit ihren engsten Angehörigen in Sicherheit aufwachsen können, und der wird jetzt versperrt“, sagte er weiter.
Zudem befördere der Familiennachzug die Integration der bereits in Deutschland lebenden Geflüchteten.

Für wen gilt die Regelung?

Für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte. Als solcher gilt, wer weder als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention noch als Asylberechtigter anerkannt wird, aber im Herkunftsland womöglich durch Folter, Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung bedroht sein könnte.
Subsidiär Schutzberechtigte bekommen eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst drei Jahre, die verlängert werden kann. Anders als Asylbewerber dürfen sie einer Beschäftigung nachgehen.
Über den Familiennachzug können sehr enge Angehörige, also Ehegatten, minderjährige ledige Kinder und Eltern von minderjährigen Kindern, ein Visum beantragen. Das Bundesverwaltungsamt wählt aus den Antragstellern dann höchstens 1000 im Monat aus.

Wie viele Familiennachzüge gibt es überhaupt?

Das Kontingent von 1000 Nachzügen wurde zuletzt in den meisten Monaten ausgeschöpft. Im vergangenen Jahr seien weltweit rund 12.000 Visa über das Instrument des Familiennachzugs ausgestellt worden, heißt es im Gesetzentwurf, 2023 waren es demnach 11.630.
Wie es aus dem Auswärtigem Amt hieß, waren es im laufenden Jahr bisher 5000 – im vergangenen Jahr bis zum selben Stichtag 5100. Die meisten davon kamen 2024 und 2025 aus Syrien, Somalia, Jemen, Afghanistan und Eritrea.
Zum Stichtag 31. März 2025 lebten insgesamt 388.074 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis zum subsidiären Schutz in Deutschland, die meisten davon aus Syrien. „Wie viele dieser Personen bereits in der Kernfamilie in Deutschland leben und keinen Familiennachzug mehr geltend machen können, ist nicht bekannt“, steht im Gesetzentwurf. (afp/dpa)

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