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Jahrelange Vorarbeit des Mossad

„Auf dem höchsten Niveau der Infiltration“: So trifft Israel das Herz des iranischen Atomprogramms

Mit einer beispiellosen Kommandoaktion hat Israel am 13. Juni tief im iranischen Staatsgebiet zugeschlagen. Ziele waren unter anderem die unterirdische Urananreicherung bei Natanz, führende Köpfe der Revolutionsgarden und zentrale Einrichtungen des Atomprogramms. Die Operation „Am Kelavi“ („Aufstieg des Löwen“, auch bekannt als „Rising Lion“) war das Ergebnis jahrelanger, verdeckter Geheimdienstarbeit – und ein Signal an das Regime in Teheran: Kein Ziel ist mehr sicher.

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Regimegegner im Iran sehen in Israel einen wichtigen Verbündeten.

Foto: Arne Bänsch/dpa

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Lesedauer: 7 Min.

Mit einer gezielten Militäroperation ist Israel am Freitag, 13. Juni, gegen Ziele, die dem iranischen Atomprogramm zuzurechnen waren, sowie gegen militärische Infrastruktur vorgegangen. Damit hat die Regierung in Jerusalem einen Überraschungscoup gegen die Führung in Teheran gelandet. Vorangegangen waren diesem eine jahrelange minutiöse Planung – und eine erfolgreiche nachrichtendienstliche Arbeit vor Ort.
An den Präzisionsschlägen selbst waren mehrere Dutzend Kampfflugzeuge beteiligt. Die Grundlage dazu hatten jedoch der israelische Nachrichtendienst Mossad und die Israelischen Streitkräfte (IDF) im Vorfeld gelegt. Der US-Sender „Fox News“ hat über die Vorbereitung zur Operation „Am Kelavi“ („Aufstieg des Löwen“) berichtet.

Planung über Jahre: Mossad infiltriert Iran mit hochrangigen Agenten

Wie der Sender exklusiv aus israelischen Sicherheitskreisen erfuhr, hatte der Mossad dafür „mit einer großen Anzahl an Menschen zusammengearbeitet“. Die Rede war von einer „Masse an Agenten tief im Iran selbst“. Diese operierten „auf dem höchsten Niveau der Infiltration, das man sich vorstellen kann“. Einige davon habe man zu „Kommandokämpfern umgeschult, um missionskritische Operationen durchzuführen“.
Trotz des hohen Risikos und der allgegenwärtigen Präsenz der iranischen Nachrichtendienste im Land sei es sogar gelungen, eine Drohnenbasis auf iranischem Territorium zu errichten. Mossad-Agenten hätten die Drohnen um null Uhr aus ihren Verstecken geborgen. Die Präzisionsraketen seien auf Fahrzeugen oder in Felsen platziert gewesen. In präziser Abstimmung mit der israelischen Luftwaffe habe man sie anschließend aktiviert.
Das Ergebnis sei ein dreistufiger Schlag gewesen. Es sei gelungen, einen großen Teil der iranischen Boden-Boden- und Boden-Luft-Raketeninfrastruktur zu zerstören. Dazu habe man eine große Zahl am iranischen Atomprogramm beteiligter Wissenschaftler und große Teile der Luftverteidigung ausgeschaltet.

Israel konnte Gegenschlag antizipieren und abwehren

IDF-Sprecher Brigadegeneral Effie Defrin erklärte zudem, israelische Kampfjets hätten mehrere Dutzend Standorte des iranischen Atomprogramms angegriffen. Unter diesen sei auch die wichtigste Urananreicherungsanlage in Natanz gewesen. Diese liegt etwa 1.500 Kilometer vom israelischen Territorium entfernt und sei lange Zeit Zentrum des Programms gewesen.
Es sei beispielsweise gelungen, ein unterirdisches Gelände mit mehrstöckigen Zentrifugenhallen und elektrischer Infrastruktur zu zerstören. Defrin äußerte dazu:
„Wir haben an diesem Ort erheblichen Schaden angerichtet. Die Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) haben diese Anlage genutzt, um das iranische Projekt zur Beschaffung von Atomwaffen voranzutreiben.“
Auch Avner Golov vom Thinktank Mind Israel hat den Angriff auf die Anlage in Natanz als den „größten Erfolg“ der Operation bezeichnet. Dazu komme die Neutralisierung der ersten Vergeltungswelle des Iran. Es sei gelungen, die ballistischen Raketen, die zum sofortigen Abschuss vorgesehen waren, und die bereits in der Luft befindlichen Drohnen zu antizipieren.

Sensibelste Infrastruktur über Jahre in den Iran geschmuggelt

Von der Größe und dem Umfang der Operation her war dies die größte Kommandooperation seit der koordinierten Pager-Attacke auf Führungskräfte der Hisbollah im Libanon. Der israelische Journalist Nadav Eyal von „Yediot Ahronot“ sieht das gegenwärtige Vorgehen jedoch als deutlich substanzieller:
„Es geht hier mehr um die Infrastruktur, die Geheimdienste benötigen, um verheerende Angriffe auf militärische Einrichtungen zu lesen. Dazu kommt der Einfallsreichtum der Geheimdienste – elektronische Überwachung, Dinge, die sie seit vielen Jahren entwickeln.“
Der Mossad stand vor der Herausforderung, all die dafür erforderlichen Anlagen und die Infrastruktur über Jahre hinweg unbemerkt in den Iran zu schmuggeln.
Die dafür erforderlichen Gerätschaften und die Präzisionsraketen wurden im Zentraliran platziert, sodass sie unmittelbar auf Befehl zum Einsatz kommen konnten. Explosive Drohnen, die in der Nähe von Teheran lagerten, ermöglichten es, Langstreckenraketenwerfer auf dem Stützpunkt Esfajabad zu zerstören. Die Botschaft dahinter sei: Kein Ziel, das mit dem Regime in Teheran verbunden sei, sei für Israel unerreichbar.

Gleich mehrere Vertreter der Militärelite in Bunker getroffen

Neben der Ausschaltung wichtiger Infrastruktur der iranischen Armee und des Atomprogramms und der Eliminierung führender darin involvierter Wissenschaftler traf die israelische Operation auch führende militärische Kader. Unter den Top-Militärs, die Israel erfolgreich ins Visier nahm, waren Generalstabschef Mohammed Bagheri, Revolutionsgarden-Kommandant Hussein Salami und Brigadier General Amir Ali Hadschisadeh, Luftwaffenchef der Revolutionsgarden.
Mehrere Vertreter der iranischen Militärelite wurden dabei gemeinsam beim Treffen in einem Bunker überrascht. Eine ähnliche Operation war Israel bereits zuvor im Januar 2024 auf syrischem Territorium gelungen.
Gezielte Tötungen führender Repräsentanten der iranischen Militärelite und von Wissenschaftlern des Atomprogramms hatten seit Anfang der 2010er-Jahre stattgefunden. Es ist davon auszugehen, dass verdeckte israelische Geheimdienstoperationen spätestens zu diesem Zeitpunkt immer häufiger im Iran selbst vorbereitet wurden.

Stuxnet und „Projekt Amad“ – die spektakulärsten Geheimdienst-Coups seit 2010

Zum Teil konnten die israelischen Dienste dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Vorarbeit aus der iranischen Bevölkerung bauen. Die Unzufriedenheit mit dem Regime in Teilen des Landes ist erheblich. Zwar ist es diesem immer gelungen, Protestbewegungen erfolgreich niederzuschlagen, jedoch sind Spionage und Sabotage vor Ort in dieser erfolgreichen Weise kaum vorstellbar ohne Eingeweihte mit Kenntnissen über sensible Infrastruktur.
Zu den spektakulärsten Operationen gegen das Atomprogramm gehörte Anfang der 2010er-Jahre die Einschleusung des hoch entwickelten Computervirus Stuxnet. Die Schadsoftware griff Steuerungssysteme der Urananreicherungsanlage in Natanz an. Dabei gelang es, rund 1.000 Zentrifugen funktionsunfähig zu machen. Stuxnet gilt als Koproduktion der israelischen Geheimdienst-Unit 8200 und der USA.
Außerdem gelang es den israelischen Nachrichtendiensten Mitte der 2010er-Jahre, Tausende Dokumente und Datenträger aus einem Lagerhaus in Teheran zu entwenden. Diese belegten, dass der Iran mit dem „Projekt Amad“ ein geheim gehaltenes Atomprogramm verfolgt und verschleiert hatte. Israels Premier Benjamin Netanjahu präsentierte diese 2018 der Öffentlichkeit. Für US-Präsident Donald Trump war dies der Anlass, noch im selben Jahr aus dem 2015 vereinbarten Atomabkommen JCPOA (iranisches Atomprogramm) auszusteigen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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