Polen: Eine Woche vor Präsidenten-Stichwahl – Großdemonstrationen beider Lager
Eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen haben die beiden Kandidaten zehntausende Unterstützter zu Demonstrationen in Warschau mobilisiert. In Umfragen liegen der proeuropäische Kandidat Trzaskowski und sein rechtsgerichteter Konkurrent Nawrocki gleichauf.
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Anhänger des konservativen polnischen Präsidentschaftskandidaten Karol Nawrocki ziehen durch Warschau. (Foto aktuell)
Eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen haben die beiden Kandidaten am Sonntag in Warschau zehntausende Unterstützter zu Demonstrationen mobilisiert. Der proeuropäische Kandidat Rafal Trzaskowski rief seine Anhänger zu einem „Großen Marsch der Patrioten“ auf. Ziel war der Platz der Verfassung im Zentrum der polnischen Hauptstadt. Der „Marsch für Polen“ seines rechtsgerichteten Konkurrenten Karol Nawrockis führte zum Schlossplatz in der Altstadt.
Trzaskowski hatte die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 18. Mai mit gut 31 Prozent knapp gewonnen. Nawrocki sicherte sich mit knapp 30 Prozent den zweiten Platz und zog damit in die Stichwahl gegen den Warschauer Bürgermeister ein.
Die Präsidentschaftswahl gilt als Richtungswahl in dem EU- und NATO-Mitgliedstaat. Trzaskowski gehört wie Ministerpräsident Donald Tusk der liberal-konservativen Bürgerplattform an. Ein Wahlsieg des 53-Jährigen würde den Weg für die Reformen der Regierung frei machen.
Das sagen die Demonstranten
Der 42-jährige Nawrocki wird von der konservativen früheren Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt. Sollte er die Stichwahl gewinnen, wäre eine Fortsetzung der Blockadepolitik des scheidenden Staatschefs Andrzej Duda zu erwarten. Beobachter halten in diesem Fall vorgezogene Parlamentswahlen für möglich.
Nawrockis Unterstützer sangen am Sonntag patriotische und religiöse Lieder und hielten Schilder hoch, auf denen sie ein Ende der Einwanderung forderten. Piotr Nowak, ein 41-jähriger Techniker aus Warschau, sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Wir haben eine kosmopolitische Regierung. Sie wollen den Euro einführen und wir werden unsere Souveränität verlieren.“
Beim Marsch für Nawrocki steht Patryk Pilus und hält seinem Baby die Ohren zu wegen der lauten Musik. „Ich bin gegen Trzaskowski, denn ich möchte nicht, dass alle Macht in den Händen einer politischen Kraft ist“, sagt der 36-jährige Programmierer aus Torun. Es ärgere ihn auch, dass die Tusk-Regierung wichtige Projekte wie den Bau eines Atomkraftwerks oder eines Großflughafens verschleppe.
Auf der Kundgebung für Trzaskowski schwangen viele Demonstranten EU-Flaggen und Regenbogenfahnen. Olivia, eine 20-jährige Studentin, die ihren Nachnamen nicht verraten wollte, sagte, dass sie Trzaskowski vor allem unterstütze, weil er die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft und Frauenrechte schützen wolle.
Polens Präsidentschaftskandidat Rafal Trzaskowski (Mitte links), Bürgermeister von Warschau und Mitglied der regierenden zentristischen Bürgerkoalition, seine Frau Malgorzata Trzaskowski (links neben ihm) und Polens Ministerpräsident Donald Tusk (Mitte rechts) ziehen am 25. Mai 2025, eine Woche vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen, mit Anhängern durch die Straßen Warschaus.
Foto: SERGEI GAPON/AFP via Getty Images
Der 52-jährige Geschäftsmann Irek Kurnik sagte AFP, dei Wahl Trzaskowskis sei „der einzige Weg, um sich in Richtung Europa zu bewegen“ und nicht in Richtung Russland. „Zwischen den beiden Kandidaten zu wählen ist wie zwischen Tag und Nacht zu wählen, und wir wählen Tag“, fügte er hinzu.
Umfragen: Beide Kandidaten gleichauf
In Umfragen liegen beide Kandidaten derzeit gleichauf bei 46,3 Prozent. Beobachter erwarten einen erbitterten Kampf um die Anhänger der in der ersten Runde unterlegenen Kandidaten.
Im ersten Wahlgang hatte das Rechtsaußen-Lager starke Zuwächse verbucht: Der rechtsgerichtete Kandidat Slawomir Mentzen und der EU-Abgeordnete Grzegorz Braun holten zusammen mehr als 20 Prozent der Stimmen. Insgesamt stimmte somit eine Mehrheit der Wähler in der ersten Runde für Bewerber rechter Parteien.
Der Präsident hat in Polen begrenzte Befugnisse, er ist aber Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt die Außenpolitik und hat das Recht, Gesetze einzubringen oder sein Veto gegen sie einzulegen. (afp/dpa/red)
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