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plus-iconAuftakt in Leipzig

Hauptsacheverfahren um COMPACT-Verbot: Schnelles Urteil nicht zu erwarten – Elsässer „latent optimistisch“

Der Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau und der Rechtstheoretiker Prof. Dr. Wolfgang Roth haben zum Auftakt der mündlichen Verhandlung um die Rechtmäßigkeit der COMPACT-Verbotsverfügung in Leipzig ihre Rechtsauffassungen dargelegt. Kläger Jürgen Elsässer glaubt an einen Sieg der Pressefreiheit.

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Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig läuft ab dem 10. Juni 2025 das Hauptsacheverfahren im Rechtsstreit um das Verbot des COMPACT-Magazins.

Foto: Erik Rusch/Epoch Times

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Lesedauer: 9 Min.

Im Hauptsacheverfahren um das Verbot des Medienhauses COMPACT durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig am Vormittag des 10. Juni 2025 begonnen.
Es handelt sich um den ersten von bislang drei anberaumten Verhandlungstagen: Auch am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche will das Gericht beide Seiten zu Wort kommen lassen. Ob danach noch mehr Zeit zum Austausch und für einen Urteilsspruch nötig sein wird, ist nach Angaben eines Gerichtssprechers unklar.

Eilverfahren hatte pro COMPACT entschieden

COMPACT-Chef Jürgen Elsässer hatte gegen die Bundesregierung geklagt, weil Faeser im Sommer 2024 seine COMPACT-Magazin GmbH sowie seine CONSPECT FILM GmbH unter Berufung auf das Vereinsrecht verboten hatte. Das BVerwG hob das Verbot auf Betreiben Elsässers rund vier Wochen später im Eilverfahren wieder auf. Elsässer durfte seitdem wieder publizieren. Das Hauptsacheverfahren soll endgültig Klarheit über die Rechtslage schaffen.
Elsässer lässt sich von einem mehrköpfigen Anwaltsteam um den Staatsrechtler Dr. Ulrich Vosgerau vertreten. Die Seite der Bundesregierung vertritt der Rechtstheoretiker Prof. Dr. Wolfgang Roth, ein Fachmann für öffentliches Recht. Nach Angaben von Epoch-Times-Reporter Erik Rusch vor Ort skizzierten beide Rechtsbeistände schon vor der Mittagspause ihre Sicht auf den Fall.

COMPACT-Anwalt Vosgerau sieht keinerlei strafwürdigen Anhaltspunkt

Vosgerau wies darauf hin, dass es sich bei der COMPACT GmbH unbestreitbar um ein presserechtlich tätiges Presseorgan und keineswegs um einen Verein handele. Für das Presserecht seien aber die Länder zuständig, nicht eine Bundesbehörde. Überhaupt stehe eines einem Exekutivorgan wie dem Bundesinnenministerium (BMI) gar nicht zu, ein Verbot auszusprechen: So etwas sei die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Dass Faesers BMI sich unter Bezugnahme auf Artikel 9 (2) des Grundgesetzes überhaupt auf das Vereinsrecht gestützt hatte, war nach Auffassung Vosgeraus ebenfalls nicht zulässig: Wenn man einen Verein verbieten wolle, müsse man diesem ein strafbares Verhalten „unfriedlichen“ Charakters nachweisen. Die entsprechende Straftat müsse sich aus einer kämpferisch-aggressiven Haltung heraus gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) richten. Verfassungsfeindlichkeit und Systemkritik per se seien aber auch nach Ansicht des BVerfG von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt.
Vosgerau betonte, dass noch nicht einmal ein einziger Beitrag in Elsässers COMPACT-Magazin jemals strafrechtlich belangt worden sei – schon gar nicht wegen einer kämpferisch-aggressiven Haltung. Es mangele von daher an der Grundvoraussetzung der Strafbarkeit. Im Übrigen habe die Razzia vom 16. Juli 2024 womöglich einen Verstoß gegen das Redaktionsgeheimnis bedeutet, was letztlich auch den Mitarbeitern des BMI oder mutmaßlichen Whistleblowern schaden könne.

BMI-Vertreter Roth hält Verbot im Rahmen der „Gefahrenabwehr“ für zulässig

Der BMI-Rechtsbeistand Prof. Dr. Wolfgang Roth von der Kanzlei Redeker, Sellner und Dahs argumentierte dagegen, dass die Verfassungsordnung angegriffen werden könne, ohne dass dafür eine Strafbarkeit vorliegen müsse.
Für ein Verbot zum Schutz der Öffentlichkeit und des öffentlichen Friedens genüge seiner Ansicht nach die Notwendigkeit einer „Gefahrenabwehr“. Bei der COMPACT GmbH und den übrigen Gesellschaften Elsässers handele es sich um ein Netzwerk, das sich dem Systemsturz verschrieben habe, so Prof. Roth. Das COMPACT-Firmenkonstrukt sei eben nicht nur journalistisch tätig, sondern betreibe auch Politik.

Elsässer: „Wir würden lieber Anzeigen schalten bei der FAZ oder bei der Süddeutschen“

COMPACT-Herausgeber Jürgen Elsässer ließ das im Gespräch mit der Epoch Times in der heutigen Gerichtspause nicht gelten. Das BMI behandele COMPACT als „so etwas wie eine Art Wehrsportgruppe, die man einfach verbieten könnte, weil sie ‚umstürzlerisch‘ tätig“ sei. In Wahrheit aber seien die seinerzeit 30 festen Mitarbeiter seines Medienunternehmens „24/7 mit der Erstellung und Verbreitung redaktioneller Inhalte beschäftigt“, sodass daneben gar keine Zeit mehr für anderes bliebe.
Die von COMPACT organisierten Veranstaltungen der „Blauen Welle“ seien „Pressefeste“ gewesen, die man aus Werbezwecken veranstaltet habe. „Wir würden lieber Anzeigen schalten bei der FAZ oder bei der Süddeutschen“, meinte Elsässer. „Aber die nehmen ja unsere Anzeigen nicht, also haben wir gesagt, wir machen so eine spektakuläre Open-Air-Tournee“.

COMPACT-Herausgeber Jürgen Elsässer vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig am 10. Juni 2025. 

Foto: Erik Rusch/Epoch Times

Dass die COMPACT-Produkte auch dazu dienten, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, sei nichts Außergewöhnliches. Schließlich hätten auch andere Medien eine Tendenz, betonte Elsässer unter Verweis auf die „taz“, die er als „eng verbunden mit der Klimabewegung in der Antifa“ beschrieb. Im Fall COMPACT gelte:
„Wir haben eben die patriotische Tendenz. Und da sind wir eben Teil einer Bewegung, aber trotzdem ein unabhängiges Magazin, das auch Abstand zur AfD wahrt, wenn es notwendig ist.“

Elsässer glaubt an Grundsatzentscheidung pro Pressefreiheit

Ihm komme es „kurios“ vor, dass das BMI das Vereinsrecht aus Artikel 9 GG höher bewerte als das Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit nach Artikel 5 GG, sagte Elsässer. „Wenn die Pluralität der Meinungen nicht abgebildet werden kann, weil man missliebige Medien verbietet, dann hat der Bürger keine Entscheidungsgrundlage mehr, zum Beispiel für Wahlen und Abstimmungen“, gab er zu bedenken.
„Wir sind latent optimistisch, denn die Richter haben ja im Eilverfahren für uns entschieden“, sagte der COMPACT-Herausgeber vor Ort im Gespräch mit der Epoch Times.
Seinem Kenntnisstand nach sei es in den vergangenen 29 Jahren „noch nicht vorgekommen, dass im Hauptsacheverfahren abgewichen wurde vom Eilverfahren in der Entscheidung“. Auch heute sei die Atmosphäre „sehr sachlich“ gewesen. Er glaube daran, dass am Ende „die Freiheit und die Pressefreiheit“ den Sieg davontragen würden und das Verbot final aufgehoben werde.
Vom BVerwG erwarte er, dass es ein Grundsatzurteil aussprechen werde. Er selbst werde am Tag nach der Urteilsverkündung eine Pressekonferenz anberaumen, unabhängig von Sieg oder Niederlage.

Razzia im Juli 2024: Faeser will COMPACT verbieten

Die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Sommer 2024 ein Verbot von Elsässers COMPACT-Magazin GmbH sowie der CONSPECT FILM GmbH zum Vollzug angeordnet.
Am 16. Juli 2024 ließ sie die Geschäftsräume der COMPACT-Magazin GmbH in Brandenburg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie die Wohnräume von Elsässer, weiteren führenden Mitarbeitern und wesentlichen Anteilseignern durchsuchen. Dabei wurden nicht nur Dokumente und Computer, sondern auch Büromöbel beschlagnahmt und das Gesellschaftsvermögen eingezogen. Die Website wurde abgeschaltet. Die Bildung von Ersatzorganisationen wurde ebenfalls verboten.
Zur Durchsetzung ihres Vorhabens hatte sich Faeser auf das Vereinsrecht gestützt (Verbotsverfügung als PDF-Datei). Elsässer reagierte mit einer Klage und einem Eilantrag. Mit Letztem war er erfolgreich: Das BVerwG hob die Verbotsverfügung Faesers wieder auf: Der Rechtsstreit solle in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden (Az: BVerwG 6 VR 1.24).
Ursprünglich hätte die mündliche Verhandlung am 12. Februar dieses Jahres beginnen sollen. Der Termin wurde allerdings kurzfristig um vier Monate verschoben. Auf Nachfrage der Epoch Times erklärte eine Gerichtssprecherin, dass Bauarbeiten der Grund dafür gewesen seien.

BfV stufte COMPACT Magazin GmbH als „gesichert rechtsextremistische Vereinigung“ ein

Nach Angaben der FAQ-Seite des Bundesinnenministeriums (BMI) war die COMPACT-Magazin GmbH vom Bundesamt für Verfassungsschutz Ende 2021 als „gesichert rechtsextremistische Vereinigung eingestuft und beobachtet“ worden. Eine Einstufung als „rechtsextremistischer Verdachtsfall“ habe es seit März 2020 gegeben.
Innenministerin Faeser errang bei der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 ein Mandat über den Listenplatz vier der SPD-Landesliste Hessen. Ihren Ministerposten musste sie im Kabinett Merz allerdings an den Christsozialen Alexander Dobrindt abtreten.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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