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plus-icon30 Jahre Schuldenuhr

Politik im Schuldenrausch – Steuerzahlerbund schlägt Alarm

Zum 30. Jubiläum der Schuldenuhr hat der Bund der Steuerzahler vor wachsender Staatsverschuldung gewarnt. Präsident Reiner Holznagel kritisierte auf einer Pressekonferenz die Sondervermögen als „Sonderschulden“ und forderte ein Ende sprachlicher Verschleierung. Die Schuldenuhr sei Mahnmal und Symbol für die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

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Die Schuldenuhr in Berlin ist eine Mahnung, wieder ehrlich mit den staatlichen Finanzen umzugehen. Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler.

Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

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Lesedauer: 9 Min.

Sie hängt wie ein stummes Gewissen an einer Fassade mitten im Berliner Regierungsviertel: die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Mit großen, roten Ziffern zählt sie unaufhaltsam – Sekunde für Sekunde, Euro für Euro – und macht sichtbar, was oft verdrängt wird: Der deutsche Staat lebt dauerhaft auf Pump. Aktuell zeigt die Uhr eine staatliche Gesamtverschuldung von rund 2,5 Billionen Euro an. Pro Sekunde kommen 2.798 Euro hinzu. Am 12. Juni 2025 wird die Schuldenuhr 30 Jahre alt – Grund genug für einen kritischen Rückblick und einen noch kritischeren Blick nach vorn.
Als die Schuldenuhr 1995 in Wiesbaden erstmals in Betrieb genommen wurde, lag die Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen bei rund 1.000 Milliarden Euro. Heute ist dieser Betrag mehr als doppelt so hoch – ein dramatischer Anstieg, der sich insbesondere in den vergangenen Jahren beschleunigte. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 stiegen die Schulden um über 600 Milliarden Euro. Vier Jahre lang befand sich der Bund im „Notlagenmodus“ – einem Ausnahmezustand der Haushaltsführung, der Sondervermögen jenseits des regulären Bundeshaushalts ermöglichte.
Diese Sondervermögen, etwa zur Pandemiebekämpfung oder für den Aufbau eines „Sondervermögens Bundeswehr“, sollen ab 2028 über 31 Jahre hinweg zurückgeführt werden – theoretisch. In der Praxis fehlen jedoch konkrete Tilgungspläne. Die Koalition hat sich im Vertrag nicht einmal zur Rückzahlung geäußert. Reiner Holznagel, Präsident des BdSt, kritisierte diese Intransparenz am 11. Juni auf einer Pressekonferenz anlässlich des Jubiläums der Schuldenuhr scharf:
„Sondervermögen haben weder was mit Vermögen zu tun, noch sind sie eine besondere Form der Finanzierung. Sie sind Sonderschulden. […] Deswegen fordern wir die Bundesregierung auch auf, an dieser Stelle die sprachliche Akrobatik sein zu lassen und auch tatsächlich von Schattenhaushalten und Sonderschulden zu sprechen. Diese Schuldenuhr macht diese zusätzlichen Mittel nochmals transparent.
Der Begriff „Sondervermögen“ suggeriert finanzielle Reserven, doch das Gegenteil ist der Fall: Es handelt sich dabei um Sonderschulden, die außerhalb des regulären Haushalts verbucht werden. Sie unterlaufen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse – und gefährden langfristig deren Glaubwürdigkeit.

Schuldenuhr deckt schonungslos auf

Diese „Semantik der Verschleierung“ ist für Holznagel ein zentraler Kritikpunkt: „Die Schuldenuhr ist für uns ein Symbol, dass Staatsverschuldung stattfindet, dass Staatsverschuldung Dimensionen annimmt, die sich ein Normalbürger kaum vorstellen kann.“ Auch das neue Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur, Klima und Sicherheit sei Teil des Problems, nicht der Lösung, warnt der BdSt.
Jede neue Schuldenaufnahme bedeutet: Die Rechnung zahlen spätere Generationen. Doch anstatt Sparsamkeit und Haushaltsdisziplin zu stärken, diskutiert die Politik aktuell über weitere Schuldenprojekte. Der Eindruck entsteht, dass sich eine strukturelle Abhängigkeit von der Verschuldung etabliert hat – mit fatalen Folgen für die Generationengerechtigkeit.
Nur neue Schulden, das ist keine Lösung. Wir brauchen an dieser Stelle finanzielle Tragfähigkeiten“, mahnt Holznagel. Die Lösung könne nicht im „ewigen Schuldenmodus“ liegen, sondern in echten Reformen: effizientere Verwaltung, Aufgabenüberprüfung, Subventionsabbau, Digitalisierung und Strukturmodernisierung.

Zinslast bis zu 100 Milliarden

Besonders brisant ist ein Aspekt, der oft untergeht: die Zinslast. Laut Zahlen des Bundesfinanzministeriums lagen die Zinsausgaben für die Kredite im vergangenen Jahr bei 37,5 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Der Bund der Steuerzahler verwies auf seiner Pressekonferenz darauf, dass in den kommenden Jahren bis zu 100 Milliarden Euro jährlich nur für Zinsen fällig werden könnten. 
Der Interessenverband der Steuerzahler beruft sich dabei auf einen Prüfbericht des Bundesrechnungshofes aus dem März, in dem es um die Neuverschuldungspläne der schwarz-roten Koalition ging. „Die Gesetzentwürfe verstärken in unterschiedlichem Ausmaß die Verschuldungsdynamik des Bundes noch einmal deutlich“, heißt es im Bericht der obersten deutschen Rechnungsprüfer in ihrem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Und weiter: „In den daraus folgenden langfristigen hohen Zinsausgaben liegt ein volkswirtschaftliches und soziales Risiko.“
Durch die inzwischen beschlossenen Ausnahmen bei der Kreditaufnahme für Verteidigungsausgaben schätzt der Bundesrechnungshof, dass ab dem Jahr 2035 zusätzliche Zinszahlungen „von knapp 25 Milliarden Euro nicht auszuschließen“ sind. Durch die Schaffung des Sondervermögens für Infrastruktur drohten insgesamt ab 2035 „durch die Aufweichung der Schuldenregel 37 Milliarden Euro zusätzliche Zinsausgaben“, warnt der Rechnungshof in seinem Bericht weiter.
Im Zentrum der Kritik des Steuerzahlerverbands steht dann auch der Umgang mit der Schuldenbremse. Sie ist im Grundgesetz verankert und soll zukünftige Generationen vor einer unkontrollierbaren Schuldenlast schützen. Doch diese Bremse wird systematisch unterlaufen – durch Sondervermögen, Ausnahmetatbestände und Tricks in der Haushaltsplanung.
Besonders kritisch sieht der Bund der Steuerzahler die neue Ausnahme für „Wehrfähigkeit“: Sie ermöglicht zusätzliche Schulden, ohne dass klare Kontrollmechanismen oder Tilgungspläne vorgesehen sind. Der Bund der Steuerzahler befürchtet die langfristige Aufgabe der Schuldenbremse. „Die Aufweichung ist da und die Aufweichung ist ein erster Schritt zur Eliminierung der Schuldenbremse“, so Steuerzahlerpräsident Holznagel.

Erweiterung der Schuldenuhr geplant

Vor diesem Hintergrund plant der BdSt, die Schuldenuhr zu erweitern: Künftig soll sie auch die Zinslast in Echtzeit sichtbar machen. Denn: „Nur wer die vollen Kosten kennt, kann verantwortungsvoll entscheiden“, heißt es aus der Zentrale des Bundes der Steuerzahler.
Neben der Kritik an der Verschuldungspolitik sieht der Bund der Steuerzahler dringenden Handlungsbedarf bei den staatlichen Strukturen selbst. Holznagel fordert eine konsequente Aufgabenprüfung in allen Ministerien, weniger Eigenkonsum durch den Staat, den Abbau unnötiger Behörden sowie den Umbau hin zu einer effektiveren, digitalen Verwaltung.
Gleichzeitig müsse auch über die Sozialsysteme gesprochen werden, so Holznagel. „Sie sind einzigartig in der Welt, aber auch einzigartig teuer.“ Die demografische Entwicklung verstärke den Druck zusätzlich: Immer weniger Beitragszahler finanzieren immer mehr Leistungsbezieher.

Trotz Rekordsteuereinnahmen, Griff zur Kreditkarte

Trotz Rekordsteuereinnahmen – fast 1.000 Milliarden Euro im letzten Jahr – greift der Staat weiter zur Kreditkarte. Dabei läge der Schlüssel für nachhaltige Finanzpolitik in einer starken Wirtschaft, nicht in neuen Schuldenprogrammen, so Holznagel. Der BdSt fordert, durch bessere Rahmenbedingungen Investitionen zu fördern, Innovationen zu ermöglichen und Planungsprozesse zu beschleunigen – statt immer neue Milliarden in starre Strukturen zu pumpen.
„Geld war nie das Problem – aber wofür es eingesetzt wurde, war es sehr wohl“, fasst Holznagel später im Epoch-Times-Interview zusammen. Viele Investitionen scheiterten nicht am fehlenden Kapital, sondern an Bürokratie, fehlender Kapazität und politischem Mut.
Ein weiteres Hemmnis: das veraltete föderale System. Bund, Länder und Kommunen ringen regelmäßig um Zuständigkeiten, Mittel und Entscheidungsbefugnisse. Aus Sicht des BdSt ist es höchste Zeit, das Zusammenspiel dieser Ebenen grundlegend zu reformieren – für mehr Klarheit, Planbarkeit und Effizienz.
Auch die Mischfinanzierung wird kritisiert: Wenn mehrere Ebenen ein Projekt finanzieren, übernimmt oft niemand die volle Verantwortung – mit fatalen Folgen für Kostenkontrolle und Zielerreichung.

Schuldenuhr als Symbol für politische Verantwortung

Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler ist mehr als nur ein technisches Gerät – sie ist ein Symbol politischer Verantwortung. Sie erinnert täglich daran, dass Staatsverschuldung kein abstraktes Konzept ist, sondern konkrete Konsequenzen hat – heute und in Zukunft.
Zum 30. Geburtstag richtete der Bund der Steuerzahler daher einen Appell an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat – und an die Bürgerinnen und Bürger: Schulden sind kein Selbstzweck. Reformen, Transparenz und Generationengerechtigkeit müssen wieder die Leitlinien der Finanzpolitik sein. Denn eines steht fest: Die Uhr tickt – und zwar immer schneller.
„Schulden, Staatsschulden haben immer Folgen, nicht nur jetzt, sondern eben auch für die zukünftige Generation“, so Reiner Holznagel vor der Presse.

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