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plus-iconForscher messen 17 Mikrovolt

Das Erdmagnetfeld anzapfen: Kann ein Metallzylinder unser Energieproblem lösen?

Der Astrophysiker Christopher Chyba will Strom aus dem Erdmagnetfeld gewinnen. Möglich machen soll das ein einfacher Metallzylinder. Eine minimale Spannung konnte er bereits messen.

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Das Magnetfeld der Erde ist weitestgehend konstant vorhanden. Kann es als Energiequelle dienen?

Foto: buradaki/iStock

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Neben den bisher bekannten und allgemein verbreiteten Stromgewinnungsarten versuchen weltweit Forscher auch mit bisher weniger bekannten Methoden Strom zu gewinnen. Ein Durchbruch könnte jetzt dem US-amerikanischen Astrobiologen und Professor für Astrophysik Christopher Chyba und seinen Kollegen gelungen sein.
Bereits seit mehreren Jahren versucht er an der im US-Bundesstaat New Jersey gelegenen Princeton Universität, das Erdmagnetfeld als Stromquelle anzuzapfen. Wie bei nahezu jeder physikalischen Entdeckung, egal ob sie sich etablieren konnte oder nicht, gibt es auch hier Skeptiker, die einen künftigen großflächigen Einsatz bezweifeln. Chybas jüngste Experimente sind indes vielversprechend: Seine schlichte Apparatur brachte eine – wenn auch winzige – elektrische Spannung hervor.

Wie funktioniert das Gerät?

Normalerweise wird Strom im Zusammenhang mit Magnetismus durch sich bewegende Teile erzeugt – beispielsweise einen Stator und einen Rotor. Der Rotor bewegt sich dabei durch unterschiedliche oder sich ändernde Magnetfelder, wodurch ein Strom induziert wird. So wird die Bewegungsenergie in elektrischen Strom umgewandelt.
Wie in einer neuen Studie beschrieben, nutzten Chyba et al. jedoch lediglich einen hohlen, fast 30 cm langen Zylinder, bestehend aus einer speziellen Legierung aus den Metallen Mangan, Zinn und Eisen. Es gibt keine beweglichen Teile.
Die Forscher fanden heraus, dass der Zylinder nur bei einer optimalen Positionierung eine messbare magnetische Flussdichte von 45 Mikrotesla (µ⁢T) hatte. Das entspricht in etwa der Flussdichte des Erdmagnetfeldes.

Versuchsaufbau mit dem Zylinder und Messgeräten.

Foto: Bildschirmfoto YouTube-Kanal Prof Simon – Science Filmmaker

Die 45µ⁢T haben sie am Standort Princeton nur dann am Zylinder messen können, wenn er von der Horizontalen aus in einem Winkel von 57,5 Grad aufgestellt ist. Auch die Richtung ist entscheidend: Bei den Experimenten, die von 2022 bis 2024 stattfanden, lag die Richtung zum geografischen Pol 12,6 Grad östlich des magnetischen Nordpols.
Bei dieser Optimalposition konnten die Forscher eine Gleichspannung von 17,3 (±1,5) Mikrovolt (µV) – oder 0,000.017.3 Volt – messen. Das ist ein Bruchteil der Spannung, die freigesetzt wird, wenn eine einzelne Nervenzelle im menschlichen Körper feuert.
Der am Zylinder registrierte Strom lag bei 25,4 (±1,5) Nanoampere (nA). Dementsprechend würde die daraus resultierende Leistung 440 Femtowatt (fW) oder 0,000.000.000.000.440 Watt betragen. Zum Vergleich: Heutige Mobiltelefone benötigen eine Ladeleistung von rund 20 Watt. Somit bräuchte man rund 45 Billionen dieser Zylinder, um ein Smartphone laden zu können.

Erste Studie 2016 in der Kritik

Schon im Jahr 2016 hatten Chyba und sein Kollege Kevin Hand erste Ergebnisse ihrer Forschung in einer Studie veröffentlicht. Darin beschrieben sie die theoretische und mathematische Grundlage für die Erzeugung einer kontinuierlichen Gleichspannung und einer geringen Menge elektrischen Stroms aus der Rotationsenergie der Erde und ihrem Magnetfeld. Sie zeigten, dass in einem Leiter, der sich mit der Erde dreht, kontinuierlich Spannung erzeugt werden kann. Die Voraussetzung dafür sei die Wahl eines magnetisch durchlässigen Materials.

Dr. Christopher Chyba.

Foto: NASA, gemeinfrei

Chybas Überlegung widersprach früheren Theorien und so ließ die Kritik nicht lange warten. Dieser zufolge sei es unmöglich, in einem solchen Gerät eine Spannung zu erzeugen, da diese durch die Neuanordnung der Elektronen aufgehoben werde. Was aber, wenn diese Neuanordnung unterbunden werden könnte? Hier kommt die besondere Legierung ins Spiel, die einerseits Strom leiten kann und andererseits als magnetische Abschirmung dient.
Die ersten Experimente mit ihrer neuen Legierung führten die Forscher in einem dunklen, fensterlosen Labor mit geringer elektromagnetischer Hintergrundstörung durch. Das System erzeugte dabei mehrere Dutzend Mikrovolt, wobei die Eigenschaften bei Rotation des Systems den Vorhersagen der Theorie von 2016 entsprachen.
Andere Wissenschaftler konnten die Ergebnisse des Experiments indes nicht wiederholen, weshalb der Versuch bisweilen als nicht bestätigt gilt. Ein Kritiker ist Rinke Wijngaarden, Physiker an der Freien Universität Amsterdam. Er versuchte im Jahr 2018, das Experiment zu reproduzieren, hatte aber keinen Erfolg damit.
Die Reproduzierbarkeit ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für die Bestätigung. Zudem muss ausgeschlossen werden können, dass keine anderen Effekte – beispielsweise durch Licht oder Wärme – das Ergebnis beeinflusst haben.

Forscher bleiben am Ball

Mit Blick auf die neuen Ergebnisse sagte Chyba: „Das Gerät schien die Schlussfolgerung zu widerlegen, dass ein Leiter, der in Bezug auf die Erdoberfläche in Ruhe ist, keine Energie aus seinem Magnetfeld erzeugen kann.“
Bei den jüngsten Experimenten haben Chyba et al. den Effekt zudem an einem zweiten Versuchsstandort durchgeführt, um ihre Ergebnisse zu überprüfen. Dazu wählten sie ein Wohngebäude, das sich rund 5,6 Kilometer vom Labor entfernt befindet.
„Dies war eine weitgehend unregulierte Umgebung, im Gegensatz zu der unseres Hauptlabors“, berichteten die Forscher. „Die resultierenden Daten sind verrauscht und weisen im Vergleich zu den in unserem Hauptlabor erzielten Ergebnissen entsprechend große Fehlerbalken auf.“
Doch dieser Versuch in dem Wohngebäude kann als erfolgreich bezeichnet werden. „Die Daten [zeigen] erneut die von unserem Effekt vorhergesagte Spannungsgröße und das Verhalten unter Rotation, was beweist, dass der beobachtete Effekt nicht auf einen unbekannten lokalen Einfluss in unserem Hauptlabor zurückzuführen ist.“
Die Forscher hoffen nun darauf, dass Untersuchungen folgen, wie dieser Effekt skalierbar gemacht werden kann, um höhere Spannungen und Ströme zu erzeugen.
Die Studie erschien am 19. März im Fachjournal „Physical Review Research“.
Das Fachgebiet von Maurice Forgeng beinhaltet Themen rund um die Energiewende. Er hat sich im Bereich der erneuerbaren Energien und Klima spezialisiert. Er verfügt über einen Hintergrund im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik.

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