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Wasserkraft 2.0

Saubere Sache: Forscher erzeugen Strom aus fließendem Regenwasser

Es könnte ein bahnbrechender Fortschritt für erneuerbare Energien sein: Forscher haben eine Methode entwickelt, die die natürliche Strömung von Regenwasser in einer speziellen „Regenrinne“ nutzt, um Strom zu erzeugen.

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Die Forscher nutzen dabei ein ähnliches Prinzip wie beim Reiben eines Luftballons an der Haut.

Foto: EyeEm Mobile GmbH

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Wenn zwei Materialien miteinander in Berührung kommen, erhalten die geladenen Einheiten auf ihren Oberflächen einen kleinen Schubs. So entsteht statische Elektrizität, beispielsweise wenn ein Luftballon an den Haaren gerieben wird. Ebenso kann Wasser, das über bestimmte Oberflächen fließt, Ladung gewinnen oder verlieren.
Forscher haben dieses Phänomen nun genutzt, um aus regenähnlichen Tropfen, die sich durch ein dünnes Rohr bewegen, Strom zu erzeugen. Ihr Prototyp erzeugte im Laborregen genug Strom, um zwölf LEDs zum Leuchten zu bringen.
„Wasser, das durch ein vertikales Rohr fällt, erzeugt eine beträchtliche Menge an Elektrizität, indem es ein bestimmtes Muster des Wasserflusses nutzt: den Pfropfenfluss“, erklärt Siow Ling Soh, beteiligter Forscher von der National University of Singapore. Die sogenannte Pfropfenströmung ist zwar ein kontinuierliches Fließen, allerdings ist die Wassersäule nicht durchgängig, sondern enthält Luftbläschen. „Dieses Strömungsmuster könnte es ermöglichen, die Energie des Regens zu nutzen, um sauberen und erneuerbaren Strom zu erzeugen.“

Grenzen neu setzen

Wenn fließendes Wasser eine Turbine bewegt, wird Strom erzeugt. Diese Wasserkraft ist jedoch auf Standorte mit großen Wassermengen wie Flüssen beschränkt. Für kleinere und langsamere Wasservolumina besteht eine Alternative darin, die Ladungstrennung zu nutzen. Bei diesem Phänomen entsteht die elektrische Ladung, wenn sich das Wasser durch einen Kanal mit einer elektrisch leitenden Innenfläche bewegt.
Die Ladungstrennung ist jedoch äußerst ineffizient, da sie auf die Oberfläche beschränkt ist, über die sich das Wasser bewegt. Bisher haben Wissenschaftler versucht, die Effizienz zu verbessern, indem sie durch mikro- oder nanometergroße Kanäle eine größere Oberfläche für einen kontinuierlichen Wasserstrom bereitstellten.
Allerdings fließt Wasser aufgrund des Kapillareffektes von Natur aus nicht durch solch winzige Kanäle. Wenn es hindurchgepumpt wird, benötigt es mehr Energie, als es erzeugt. Soh und Kollegen begegneten diesem Phänomen mithilfe größerer Kanäle, durch die Regenwasser einfach fließen kann.

Regenwasser leiten lassen

Das Team entwarf einen einfachen Aufbau, der regengroße Tröpfchen in die Öffnung eines 32 Zentimeter langen und 2 Millimeter breiten vertikalen Kunststoffrohrs spritzte. Der Zusammenstoß der Tropfen am oberen Ende des Rohrs verursachte eine Pfropfenströmung: besagte kurze Wassersäulen, die mit Lufteinschlüssen durchsetzt waren.
Während das Wasser an der Innenseite des Rohrs hinunterfloss, trennten sich die elektrischen Ladungen. Ein Becher unterhalb des Rohrs fing schließlich das Wasser wieder auf, während Drähte am oberen Ende des Rohrs und im Becher den Strom ableiteten.
Mit diesem Prinzip werden mehr als 10 Prozent der Energie des durch die Rohre fallenden Wassers in Strom umgewandelt. Ganz entscheidend ist dabei die Luft im System, die die Stromausbeute im Vergleich zu Wasser, das in einem kontinuierlichen Strom fließt, um mehr als das 100.000-Fache steigern konnte.
Da die getesteten Tröpfchengeschwindigkeiten zudem viel langsamer sind als bei echtem Regen, könne dieses Prinzip sehr wahrscheinlich auch zur Stromgewinnung aus fallendem Regenwasser genutzt werden.

Kleine Kraftwerke für jedes Dach

In einem weiteren Experiment beobachteten die Forscher, dass durch zwei Rohre geleitetes Regenwasser die doppelte Energie erzeugte. Einzige Einschränkung: Die einzelnen Rohrstücke dürfen nicht länger als 32 Zentimeter sein, denn eine Verlängerung erzeugt nicht mehr Strom. Eine Testanlage mit vier nebeneinander angeordneten Röhren versorgte auf diese Weise zwölf LEDs 20 Sekunden lang kontinuierlich mit Strom.
Laut den Forschern sei ihr System einfacher einzurichten und zu warten als Wasserkraftwerke. Außerdem könnte ihre Entwicklung einfach an Dächern angebracht werden und sich so auch für Großstädte eignen. Obwohl die Leistung pro Röhre mit unter 0,2 Milliwatt sehr gering ist, könnte 1 Quadratmeter Dachfläche im Idealfall mehr als 60.000 dieser Röhrchen beherbergen, und wenige Quadratmeter könnten bereits einen Kühlschrank versorgen, zumindest solange es regnet.
Die Studie erschien am 16. April 2025 im Fachjournal „ACS Central Science“.
Dipl.-Ing. Tim Sumpf studierte Wirtschaftsingenieurwesen mit den Schwerpunkten erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Als Ressortleiter „Wissen“ und Statistiker des Hauses berichtete er neben den genannten Themen auch über Klima, Forschung und Technik.

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