
Neue Regeln, hohe Risiken: Wie Anleger Strafzahlungen vermeiden
Seit Jahresbeginn gelten in Deutschland strengere Regeln für die Besteuerung von Kryptowährungen. Wer Bitcoin & Co besitzt oder handelt, muss nun lückenlos dokumentieren. Fehlende Nachweise können teuer werden – bis hin zu Strafen.

Wer in Kryptowährung investiert hat, gerät ab diesem Jahr stärker ins Visier des Fiskus.
Foto: Jens Kalaene/dpa
Seit Jahresbeginn gelten in Deutschland deutlich strengere Regeln für die Besteuerung von Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co. Das Bundesfinanzministerium hat im März neue Vorschriften veröffentlicht, die vor allem private Kryptoanleger betreffen. Wer digitale Währungen besitzt oder mit ihnen handelt, muss künftig ganz genau Buch führen. Wer das nicht tut, riskiert hohe Steuernachzahlungen oder sogar Strafen. Für viele wird es damit nötig, sich erstmals intensiv mit ihren eigenen Kryptoaktivitäten auseinanderzusetzen.
Nur Gewinne zu melden, reicht nicht
Künftig reicht es nicht mehr aus, nur die Gewinne aus dem Kryptohandel zu melden. Nun müssen alle Transaktionen rund um Kryptowährungen vollständig dokumentiert werden. Das betrifft unter anderem Käufe und Verkäufe, den Tausch einer Kryptowährung in eine andere, Übertragungen zwischen eigenen Wallets oder Aktivitäten auf dezentralen Handelsplätzen, sogenannten DEX. Auch Einkünfte aus dem Verleihen von Kryptowährungen (Lending) müssen ebenso dokumentiert werden wie Gewinne aus dem sogenannten Staking.
Staking im Zusammenhang mit Kryptowährungen bedeutet, dass Nutzer ihre digitalen Coins in einem Blockchain-Netzwerk hinterlegen, um Transaktionen zu bestätigen und das Netzwerk zu sichern. Im Gegenzug erhalten sie eine Belohnung, sogenannte Staking-Rewards. Man kann sich das ähnlich vorstellen wie Zinsen, die man für ein Festgeldkonto bekommt.
Kostenlose Zuteilungen ebenfalls nun steuerrelevant
Vorsicht ist zukünftig auch bei der kostenlosen Zuteilung wie Airdrops geboten. Diese Zuteilungen sind ein Mechanismus im Bereich der Kryptowährungen, bei dem Nutzer kostenlos Token oder Coins erhalten, ohne dafür direkt eine Gegenleistung zu erbringen.
Airdrops sind ein beliebtes Mittel in der Kryptowelt, um neue Projekte bekannt zu machen und bestehende Nutzer zu belohnen. Häufig verteilen neue Kryptowährungen kostenlose Coins, um Aufmerksamkeit zu erregen, ihre Reichweite zu erhöhen und eine engagierte Community aufzubauen. Doch nicht nur neue Nutzer profitieren: Auch bestehende Unterstützer eines Netzwerks erhalten Airdrops als Dankeschön für ihre Treue.
Ein weiterer häufiger Grund für Airdrops ist eine technische Abspaltung, ein sogenannter Hard Fork. In solchen Fällen erhalten Nutzer der ursprünglichen Blockchain automatisch Coins der neuen Version.
Besonders verbreitet sind auch sogenannte Snapshot-Airdrops: Wer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Kryptowährung in seiner Wallet hält, bekommt automatisch neue Token gutgeschrieben.
Ein praktisches Beispiel: Wenn Sie Ethereum in Ihrem Wallet halten und ein neues Projekt auf dieser Blockchain Token mit dem Namen „XYZ“ herausgeben, können Sie möglicherweise 100 XYZ-Token kostenlos erhalten. Voraussetzung dafür kann eine vorherige Registrierung sein – oder es reicht, dass Sie ein Wallet zum richtigen Zeitpunkt besitzen. Auch wenn Airdrops kostenlos erscheinen, sind sie, wie schon geschrieben, ab diesem Jahr steuerrelevant, sobald sie „wirtschaftlich verfügbar“ sind.
Für jede einzelne dieser Transaktionen muss genau festgehalten werden, wann sie stattgefunden hat, um welche Kryptowährung es sich handelt, in welcher Menge, zu welchem Eurowert, auf welcher Plattform oder mit welcher Walletadresse und nach welcher Reihenfolge die Verkäufe erfolgt sind – zum Beispiel nach dem Prinzip First In, First Out (FIFO).
Der Ausdruck First In, First Out bedeutet: Die zuerst gekauften Kryptowährungen gelten auch als die zuerst wieder verkauften. Das spielt bei der Steuer eine Rolle, weil sich daraus ergibt, welcher Kaufkurs für die Gewinnberechnung angesetzt wird. Wer zum Beispiel zu unterschiedlichen Zeitpunkten Bitcoin gekauft hat, muss bei einem späteren Verkauf zuerst den ältesten Kauf berücksichtigen.
Finanzamt erwartet nachvollziehbare Angaben
Das Finanzamt erwartet, dass diese Angaben nachvollziehbar belegt werden können. Akzeptiert werden zum Beispiel Übersichten von bekannten Kryptobörsen wie Binance, Kraken oder Coinbase. Auch Daten aus sogenannten Blockchain-Explorers wie Etherscan sind zulässig. Daneben können Wallet-Back-ups oder Kontoauszüge von Bankkonten als Nachweise dienen.
Ein einfaches Beispiel zeigt, wie eine solche Dokumentation aussehen kann: Ein Käufer kauft am 4. Mai 2025 über eine Kryptobörse 0,5 Bitcoin für 15.000 Euro. Einige Monate später, im September, verkauft der Käufer dieselbe Menge Bitcoin wieder für 17.000 Euro. In diesem Fall muss er für das Finanzamt den Kauf und den Verkauf mit Datum, Menge, Wert in Euro, genutzter Plattform und Walletadresse dokumentieren. Der Gewinn in Höhe von 2.000 Euro muss in Ihrer Steuererklärung angegeben werden.
Wenn diese Nachweise nicht vorliegen oder lückenhaft sind, kann das Finanzamt selbst schätzen, wie hoch die Gewinne gewesen sein könnten. Solche Schätzungen fallen oft zum Nachteil des Steuerzahlers aus. Dann drohen nicht nur Nachzahlungen, sondern auch Zinsen und im schlimmsten Fall Geld- oder Freiheitsstrafen wegen Steuerhinterziehung. Eine freiwillige Selbstanzeige kann unter bestimmten Bedingungen helfen, ist aber nur möglich, wenn sie rechtzeitig und vollständig erfolgt.
Besondere Aufmerksamkeit sollten Anleger auch auf sogenannte DeFi-Aktivitäten legen. DeFi-Aktivitäten, also „dezentrale Finanzanwendungen“, sind eine neue Form des digitalen Bankwesens, bei der keine klassischen Banken oder Vermittler mehr nötig sind. Stattdessen laufen die Transaktionen direkt über Programme auf der Blockchain ab, sogenannte Smart Contracts.
Nutzer können ihre Kryptowährungen verleihen, dafür Zinsen bekommen (Lending), selbst Kredite aufnehmen, mit digitalen Vermögenswerten handeln oder sogenannte Liquidität bereitstellen – also ihre Coins in sogenannte Pools einzahlen, damit andere darüber handeln können. Die Belohnung für diese Dienste kann in Form zusätzlicher Token oder Zinsen erfolgen.
Diese Vorgänge passieren oft automatisch und ohne dass ein Mensch dazwischensteht. Gerade weil diese Abläufe so technisch sind, ist vielen nicht klar, dass auch hier steuerliche Regeln gelten. Wer hier Einnahmen erzielt, muss ebenfalls genau dokumentieren, wann die Erträge geflossen sind, welchen Wert sie zum Zeitpunkt der Gutschrift hatten und aus welchem Vertrag sie stammen. Auch die Bedingungen solcher Verträge – etwa Laufzeiten, Zinssätze oder Haltefristen – sind zu erfassen, falls das Finanzamt Nachfragen stellt.
Bestände müssen offengelegt werden
Ein weiterer wichtiger Punkt: Zum Jahresende kann das Finanzamt verlangen, dass sämtliche Wallet-Bestände offengelegt werden. Das gilt auch dann, wenn im betreffenden Jahr keine Käufe oder Verkäufe getätigt wurden. Steuerpflichtige müssen dann belegen, welche Kryptowährungen sie am 31. Dezember besitzen, auf welchen Wallets sich die Bestände befinden, wie hoch deren Wert ist und wie sich dieser berechnet. Auch die Herkunft dieser Coins kann unter Umständen hinterfragt werden. Das Ziel dieser Maßnahme ist es, sogenannte Cold Wallets (Offline-Kryptospeicher) und lang gehaltene Bestände transparenter zu machen.
Ein weiterer Aspekt betrifft besonders erfolgreiche Kryptoanleger. Wer im Jahr mehr als 500.000 Euro Gewinn mit Kryptowährungen macht, ist verpflichtet, alle relevanten Unterlagen mindestens sechs Jahre lang aufzubewahren. Ab 2027 wird diese Grenze auf 750.000 Euro angehoben. Die Vorschrift gilt auch für Privatpersonen, nicht nur für Unternehmen.
Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass verlorene Coins einfach steuerlich als Verlust geltend gemacht werden können. Das ist nicht der Fall. Nur wenn der Verlust eindeutig nachgewiesen werden kann – etwa durch den Diebstahl einer Wallet oder eine dokumentierte Fehltransaktion – erkennt das Finanzamt diesen an. Reine Spekulationen oder verschwundene Zugänge ohne Beweis werden nicht berücksichtigt. Auch deshalb ist eine genaue Dokumentation wichtig.
Kryptowährungen als Anlageform immer interessanter
Laut einer repräsentativen Umfrage aus dem Spätsommer 2024, die von Bitpanda in Auftrag gegeben und vom Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt wurde, besitzen bereits 11 Prozent der deutschen Bevölkerung Kryptowährungen. Besonders auffällig ist dabei die Altersverteilung: In der Gruppe der 28- bis 43-Jährigen (Millennials) halten 22 Prozent digitale Vermögenswerte wie Bitcoin oder Ethereum, während es bei der Generation Z (18 bis 27 Jahre) rund 12 Prozent sind. Bei den über 55-Jährigen liegt der Anteil hingegen nur bei etwa 3 Prozent.
Die Zahlen belegen, dass Kryptowährungen längst kein Nischenthema mehr sind, sondern vor allem unter jüngeren Menschen als ernst zu nehmende Anlageform etabliert sind. Vor diesem Hintergrund gewinnen auch die neuen steuerlichen Dokumentationspflichten ab diesem Jahr erheblich an Relevanz – denn mit steigender Verbreitung steigt auch die steuerliche Verantwortung der Anleger.
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